... newer stories
Donnerstag, 12. Juni 2008
Na endlich mal wieder Neues...
fairytales, 10:45h
OK,OK! Ich gebe zu, lange war es still in meinem Blog. In der letzten Phase des Semesters war aber auch jede Menge zu tun. Einerseits hatte ich noch einige Lehrveranstaltungen und Workshops, die ich vorbereiten musste, andererseits habe ich zwei weitere Forschungsanträge geschrieben und fristgerecht abgeschickt. Nun ist es etwas ruhiger, meine norwegischen KollegInnen brechen alle in den Sommerurlaub auf und ich finde wieder Zeit, mich mit Artikelschreiben zu beschäftigen.
Also, was ist inzwischen alles Interessantes passiert? Zunächst einmal war kurz nach meinem letzten Eintrag der norwegische Nationalfeiertag (17. Mai), was ein sehr rühriges Ereignis ist: Alle, wirklich alle, sind auf den Beinen, machen sich fein und laufen durch die Stadt. Das ganze startet morgens um etwa 7:00 mit Musik in den Strassen, dann werden jede Menge Kränze niedergelegt und feierliche Reden geschwungen. Ausserdem gibt es noch insgesamt drei Umzüge durch die Stadt: Einen für die Kinder, einen für alle (Vereine, usw.) und einen für die Abiturienten und andere Schulbeendiger. Politische Statements sind ausdrücklich verboten und somit ziehen einfach alle durch die Strassen und rufen "Hurra, hurra!" und schwenken dazu norwegische Fähnchen. Die Kinder rufen, da sie mit ihrer Schule ziehen, ausserdem den Namen der Schule, z.B. "B"-"i"-"r"-"a"-"l"-"l"-"e"-"e". Und man trägt Tracht, gerne kombiniert mit Sonnenbrillen a la Puck die Stubenfliege. Lustig sind dann z.B. muslimische norwegische Kinder mit Tracht und Kopftuch oder ein etwa 16jähriges Mädchen mit Punk-Irokesen-Frisur in blau und Tracht.
Übrigens feiert man am 17.Mai nicht wie viele (auch Norweger) glauben, dass Norwegen unabhängig von Schweden wurde, sondern die erste Verfassung Norwegens, die 1800 irgendwas verabschiedet wurde, als Norwegen noch Teil des schwedischen Königreichs war. Soll für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlich gewesen sein und das kann man ja dann gerne auch mal feiern. Zumal das ganze von einem sehr positiven, fröhlichen Nationalismus ganz ohne Kraftmeierei und politische Reden getragen wird. War auf jeden Fall ein Erlebnis.
Ausserdem hatte ich in den letzten Wochen zweimal Besuch von KollegInnen aus Bochum und aus Stockholm, die hier bei Workshops mitgearbeitet haben. Alle Gäste habe ich dann jeweils mit einer ordentlichen Portion Naturerlebnis beeindrucken können. Etwa zwei Wochen hatten wir erst Früh- und dann Hochsommer mit bis zu 30 Grad und ungefähr 17 Stunden Sonne am Tag (ja, Sonnenuntergang ist zur Zeit etwa gegen 23:30 und Sonnenaufgang gegen 3:00). In der letzten Woche allerdings gab es dann einen Rückfall in eine kältere und vor allem nassere Jahreszeit, was aber nicht so schlimm ist, da Norwegen in diesem Jahr bereits jetzt aufgrund des trockenen Winters und Frühjahrs und des heissen Frühsommers mit einigen Waldbränden zu kämpfen hat. Bevor nun also der Jahrhundertsommer kommt (wie ihn eine Kollegin versprochen hat), soll das Land ruhig noch mal Wasser tanken, zumal wir hier von Unwettern wie in Deutschland auch verschont bleiben (bisher).
Meinem kleinen neuen Fussballclub hier habe ich inzwischen auch noch zwei weitere Besuche abgestattet und sie werden besser. Nun stehen sie deutlich weiter vorne in der Tabelle, verlieren allerings immer noch Pokalspiele gegen unterklassige Gegner. Ist aber immer noch lustig, wie anders hier Spiele gepfiffen werden. In jedem Spiel gibt es mindestens eine rote Karte und zwei Elfmeter. Und RBK trifft ausschliesslich vom Elfmeterpunkt, da man zwar sehr engagiert, aber im Mittelfeld und Sturm wenig glücklich spielt. Mal sehen, wie es am 2. Juli so weitergeht, dann ist das nächste Heimspiel. Zurzeit ist ja hier EM-Pause (nicht dass irgendein norwegischer Spieler bei der EM wäre, zumindest nicht, dass ich davon wüsste). Bei RBK spielen recht viele afrikanische Spieler, aber die dürften bei der EM ja eher nicht dabei sein.
Apropos EM, das Interesse in Norwegen hält sich (aufgrund der verpassten Teilnahme - Norwegen war diesmal so nah dran wie noch nie) ein wenig in Grenzen, dafür sendet mein TV Anbieter die ganze EM in HD-Qualität ohne Aufpreis. Fein! In Ermangelung eigener Spieler bei der EM hält man es hier mit den Schweden (man stelle sich vor, Deutschland wäre nicht qualifiziert. Würden wir dann den Holländern die Daumen drücken?). Naja, viel besser haben es die Norweger damit ja auch nicht getroffen.
Nach Möglichkeit bin ich jetzt viel mit dem Rad unterwegs. Am letzten Wochenende habe ich wieder eine grosse Runde durch die Umgebung gedreht. Man gewöhnt sich langsam an die Hügel und ist nicht mehr völlig fertig. Ausserdem habe ich mir in diesem Monat die Busmonatskarte gespart und laufe viel. Aus der Stadt nach Hause braucht man etwa 70 Minuten, weiss ich jetzt. Sind also so etwa 7 km.
Lustig ist, wenn man am Wochenende (weil es ist ja immer hell - es sei denn es nähert sich eine Regenfront, aber das ist ja tageszeitunabhängig) mitten in der Nacht durch die Gegend läuft. Viele Tiere sind einfach noch aktiv, denn es wird ja nicht dunkel. Da stehen dann Kühe auf der Wiese und grasen gemütlich, während andere dann doch pennen. Vögel singen laut mitten in der Nacht. Und man kann im Stadtgebiet Dachse und Rehe treffen. Wobei der Dachs hier in Norwegen übrigens als eines der gefährlichsten Tiere gilt. Da gibt es sogar eine Fernsehwerbung, die darauf aufbaut. Ich befand mich also in tödlicher Gefahr! Das sowas erlaubt ist....
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote aus dem Bereich der Bürokratie: Nachdem ich ja nun meinen Norwegischkurs an der Folksuniversität für dieses Frühjahr beendet habe, habe ich mich fristgerecht für den Unikurs angemeldet. Natürlich musste ich noch ein Dokument nachreichen, das beweist, dass meine P-Nummer auch echt ist (nicht dass man das einfach checken könnte, indem man sie eingibt), habe ich aber auch gemacht. Da ich nicht wieder von vorne beginnen will mit dem Kurs, habe ich mal Niveau 2 oder 3 als Einstiegsniveau gewählt. Vorgestern bekam ich dann eine Mail, dass ich mich am kommenden Samstag zum Einstufungstest einzufinden habe. Dumme Sache, denn morgen reise ich nach Deutschland, damit ich u.a. am Dienstag und Donnerstag Vorträge halten kann. Seltsame Idee, Wissenschaftlern mitten in der Konferenzsaison an einem Samstag einen solchen Termin ganze 6 Tage vorher mitzuteilen. Wenn man nicht kommt, kriegt man auch keinen Platz. Da lässt sich auch nichts ändern. Man kann zwar im August einen Nachholtermin für den Einstufungstest machen, aber dann sind alle Plätze vergeben und man kommt nur auf die Warteliste. Wer auch immer sich dieses System ausgedacht hat, gehört ausgewiesen!
Die Alternativen sind also wie folgt: Entweder wieder bei Niveau 0,nix anfangen und sich 6 Monate langweilen. Oder auf einen Platz im August hoffen. Oder wieder den Kurs an der Folksuni buchen, der dann aber 3.300 NOK kostet. Mannmannmann!
Meine KollegInnen bemühen sich im Moment, mich mit geschickt eingestreuten Dialektbegriffen (z.B. "morra" statt "morgen") und Gebrauch von Nynorsk anständig zu verwirren. Ausserdem korrigiere ich gerade zwei Semesterarbeiten auf Norwegisch. Das dauert! Und es ist anstrengend, aber es geht. Heinzelnisse sei Dank!
Damit werde ich nun auch weitermachen. Morgen reise ich nach Deutschland und dann bin ich 8 Wochen mit meinem Lieblingsmädchen zusammen (ja Achim, mit meinem Lieblingsmädchen!). Erst knapp 2 Wochen in Bochum, dann 3 Wochen in Trondheim (Jahrhundertsommer, bitte kommen), dann eine Woche Konferenz in Berlin und dann nochmal 2 Wochen Bochum. Das wird fein! Mal sehen, wie oft ich es schaffe, dann was ins Tagebuch zu schreiben. Ich gelobe Besserung!
Auf bald,
Christian
Also, was ist inzwischen alles Interessantes passiert? Zunächst einmal war kurz nach meinem letzten Eintrag der norwegische Nationalfeiertag (17. Mai), was ein sehr rühriges Ereignis ist: Alle, wirklich alle, sind auf den Beinen, machen sich fein und laufen durch die Stadt. Das ganze startet morgens um etwa 7:00 mit Musik in den Strassen, dann werden jede Menge Kränze niedergelegt und feierliche Reden geschwungen. Ausserdem gibt es noch insgesamt drei Umzüge durch die Stadt: Einen für die Kinder, einen für alle (Vereine, usw.) und einen für die Abiturienten und andere Schulbeendiger. Politische Statements sind ausdrücklich verboten und somit ziehen einfach alle durch die Strassen und rufen "Hurra, hurra!" und schwenken dazu norwegische Fähnchen. Die Kinder rufen, da sie mit ihrer Schule ziehen, ausserdem den Namen der Schule, z.B. "B"-"i"-"r"-"a"-"l"-"l"-"e"-"e". Und man trägt Tracht, gerne kombiniert mit Sonnenbrillen a la Puck die Stubenfliege. Lustig sind dann z.B. muslimische norwegische Kinder mit Tracht und Kopftuch oder ein etwa 16jähriges Mädchen mit Punk-Irokesen-Frisur in blau und Tracht.
Übrigens feiert man am 17.Mai nicht wie viele (auch Norweger) glauben, dass Norwegen unabhängig von Schweden wurde, sondern die erste Verfassung Norwegens, die 1800 irgendwas verabschiedet wurde, als Norwegen noch Teil des schwedischen Königreichs war. Soll für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlich gewesen sein und das kann man ja dann gerne auch mal feiern. Zumal das ganze von einem sehr positiven, fröhlichen Nationalismus ganz ohne Kraftmeierei und politische Reden getragen wird. War auf jeden Fall ein Erlebnis.
Ausserdem hatte ich in den letzten Wochen zweimal Besuch von KollegInnen aus Bochum und aus Stockholm, die hier bei Workshops mitgearbeitet haben. Alle Gäste habe ich dann jeweils mit einer ordentlichen Portion Naturerlebnis beeindrucken können. Etwa zwei Wochen hatten wir erst Früh- und dann Hochsommer mit bis zu 30 Grad und ungefähr 17 Stunden Sonne am Tag (ja, Sonnenuntergang ist zur Zeit etwa gegen 23:30 und Sonnenaufgang gegen 3:00). In der letzten Woche allerdings gab es dann einen Rückfall in eine kältere und vor allem nassere Jahreszeit, was aber nicht so schlimm ist, da Norwegen in diesem Jahr bereits jetzt aufgrund des trockenen Winters und Frühjahrs und des heissen Frühsommers mit einigen Waldbränden zu kämpfen hat. Bevor nun also der Jahrhundertsommer kommt (wie ihn eine Kollegin versprochen hat), soll das Land ruhig noch mal Wasser tanken, zumal wir hier von Unwettern wie in Deutschland auch verschont bleiben (bisher).
Meinem kleinen neuen Fussballclub hier habe ich inzwischen auch noch zwei weitere Besuche abgestattet und sie werden besser. Nun stehen sie deutlich weiter vorne in der Tabelle, verlieren allerings immer noch Pokalspiele gegen unterklassige Gegner. Ist aber immer noch lustig, wie anders hier Spiele gepfiffen werden. In jedem Spiel gibt es mindestens eine rote Karte und zwei Elfmeter. Und RBK trifft ausschliesslich vom Elfmeterpunkt, da man zwar sehr engagiert, aber im Mittelfeld und Sturm wenig glücklich spielt. Mal sehen, wie es am 2. Juli so weitergeht, dann ist das nächste Heimspiel. Zurzeit ist ja hier EM-Pause (nicht dass irgendein norwegischer Spieler bei der EM wäre, zumindest nicht, dass ich davon wüsste). Bei RBK spielen recht viele afrikanische Spieler, aber die dürften bei der EM ja eher nicht dabei sein.
Apropos EM, das Interesse in Norwegen hält sich (aufgrund der verpassten Teilnahme - Norwegen war diesmal so nah dran wie noch nie) ein wenig in Grenzen, dafür sendet mein TV Anbieter die ganze EM in HD-Qualität ohne Aufpreis. Fein! In Ermangelung eigener Spieler bei der EM hält man es hier mit den Schweden (man stelle sich vor, Deutschland wäre nicht qualifiziert. Würden wir dann den Holländern die Daumen drücken?). Naja, viel besser haben es die Norweger damit ja auch nicht getroffen.
Nach Möglichkeit bin ich jetzt viel mit dem Rad unterwegs. Am letzten Wochenende habe ich wieder eine grosse Runde durch die Umgebung gedreht. Man gewöhnt sich langsam an die Hügel und ist nicht mehr völlig fertig. Ausserdem habe ich mir in diesem Monat die Busmonatskarte gespart und laufe viel. Aus der Stadt nach Hause braucht man etwa 70 Minuten, weiss ich jetzt. Sind also so etwa 7 km.
Lustig ist, wenn man am Wochenende (weil es ist ja immer hell - es sei denn es nähert sich eine Regenfront, aber das ist ja tageszeitunabhängig) mitten in der Nacht durch die Gegend läuft. Viele Tiere sind einfach noch aktiv, denn es wird ja nicht dunkel. Da stehen dann Kühe auf der Wiese und grasen gemütlich, während andere dann doch pennen. Vögel singen laut mitten in der Nacht. Und man kann im Stadtgebiet Dachse und Rehe treffen. Wobei der Dachs hier in Norwegen übrigens als eines der gefährlichsten Tiere gilt. Da gibt es sogar eine Fernsehwerbung, die darauf aufbaut. Ich befand mich also in tödlicher Gefahr! Das sowas erlaubt ist....
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote aus dem Bereich der Bürokratie: Nachdem ich ja nun meinen Norwegischkurs an der Folksuniversität für dieses Frühjahr beendet habe, habe ich mich fristgerecht für den Unikurs angemeldet. Natürlich musste ich noch ein Dokument nachreichen, das beweist, dass meine P-Nummer auch echt ist (nicht dass man das einfach checken könnte, indem man sie eingibt), habe ich aber auch gemacht. Da ich nicht wieder von vorne beginnen will mit dem Kurs, habe ich mal Niveau 2 oder 3 als Einstiegsniveau gewählt. Vorgestern bekam ich dann eine Mail, dass ich mich am kommenden Samstag zum Einstufungstest einzufinden habe. Dumme Sache, denn morgen reise ich nach Deutschland, damit ich u.a. am Dienstag und Donnerstag Vorträge halten kann. Seltsame Idee, Wissenschaftlern mitten in der Konferenzsaison an einem Samstag einen solchen Termin ganze 6 Tage vorher mitzuteilen. Wenn man nicht kommt, kriegt man auch keinen Platz. Da lässt sich auch nichts ändern. Man kann zwar im August einen Nachholtermin für den Einstufungstest machen, aber dann sind alle Plätze vergeben und man kommt nur auf die Warteliste. Wer auch immer sich dieses System ausgedacht hat, gehört ausgewiesen!
Die Alternativen sind also wie folgt: Entweder wieder bei Niveau 0,nix anfangen und sich 6 Monate langweilen. Oder auf einen Platz im August hoffen. Oder wieder den Kurs an der Folksuni buchen, der dann aber 3.300 NOK kostet. Mannmannmann!
Meine KollegInnen bemühen sich im Moment, mich mit geschickt eingestreuten Dialektbegriffen (z.B. "morra" statt "morgen") und Gebrauch von Nynorsk anständig zu verwirren. Ausserdem korrigiere ich gerade zwei Semesterarbeiten auf Norwegisch. Das dauert! Und es ist anstrengend, aber es geht. Heinzelnisse sei Dank!
Damit werde ich nun auch weitermachen. Morgen reise ich nach Deutschland und dann bin ich 8 Wochen mit meinem Lieblingsmädchen zusammen (ja Achim, mit meinem Lieblingsmädchen!). Erst knapp 2 Wochen in Bochum, dann 3 Wochen in Trondheim (Jahrhundertsommer, bitte kommen), dann eine Woche Konferenz in Berlin und dann nochmal 2 Wochen Bochum. Das wird fein! Mal sehen, wie oft ich es schaffe, dann was ins Tagebuch zu schreiben. Ich gelobe Besserung!
Auf bald,
Christian
... link
... older stories